Heimliche Ehe

Eine versteckte Heirat mit Folgen

Frage:
Ich bedanke mich, sie zu Rate ziehen zu dürfen und sehe es als sehr wertvoll an, da sie eine wissende und erfahrene Person sind.
Mein Anliegen ist, dass ich vor einem Jahr jemanden auf islamisch korrekte Weise kennengelernt habe. Das heißt, ohne mit ihm zu chatten oder sonstiges getan zu haben. Danach lernten sich unsere Familien kennen. Meine Familie sagte, wir sollen uns erst eine Zeit lang näher kennenlernen. Wir waren jedoch beide entschlossen und wollten sie davon überzeugen, uns eher die Erlaubnis für eine Heirat zu geben, jedoch ohne Erfolg. Wir beide waren von Anfang an praktizierende Muslime und wollten deshalb keinen engen Kontakt halten, ohne verheiratet zu sein. Deshalb haben wir zusammen mit meinem Bruder die Ehe (nikâh) vollzogen. Wir haben es vor unseren Familien verheimlicht und sie wissen bis heute nichts davon. Wir haben dies gemacht, damit wir beide bis zur eigentlichen Hochzeitsfeier auf erlaubte (halâl) Weise Kontakt haben können. Heute denke ich, dass es naiv von mir war und ich bereue es. Ich habe viele Probleme mit diesem Mann erlitten. Obwohl meine Familie damit einverstanden war, dass er mein Ehemann wird, hat er kaum gearbeitet und konnte dadurch kein Geld für die Hochzeit ansparen. Er ist jemand, der sich nicht bemühen will. Es fällt ihm schwer, Verwantwortung zu übernehmen. Er hat mich nie richtig unterstützt. Weil er nicht gearbeitet hat und kein Geld ansparen konnte, kann er keine Brautgabe (mahr) zahlen und keine Hochzeitsfeier finanzieren. Ich wollte nur eine Hochzeit in einer Moschee und nichts finanziell Aufwendiges. Meine Familie weiß nicht, dass er die ganze Zeit nicht gearbeitet hat. Sie denken er ist nocht damit beschäftigt, Geld für die Hochzeit zu sparen. Ihnen ist aber aufgefallen, dass die Familie von ihm sich nicht um mich kümmert um sich kaum bei uns meldet. Leider habe ich mit ihm auch den Geschlechtsverkehr vollzogen, da wir durch die nikâh als Ehepaar gelten. In letzter Zeit ist unsere Beziehung auch nicht mehr so gut. Er ist nicht mehr so aufmerksam zu mir und fragt mich nie, ob ich was brauche und er kümmert sich nie um meine Angelegenheiten.
Ich weiss nicht was ich tun soll. Durch das, was ich an ihm gesehen habe und aufgrund seines Verhaltens, habe ich Bedenken, ihn standesamtlich bzw. öffentlich zu heiraten. Ich habe Angst, dass er eines Tages kein guter Vater werden könnte, da ich befürchte, dass er der Verwantwortung nicht gerecht werden könnte.
Weil ich aber intim mit ihm wurde, fällt es mir sehr schwer loszulassen. Niemand weiß, dass ich verheiratet bin. Jeder denkt ich wäre noch Jungfrau. Ich bin sehr verzweifelt und habe Angst um meine Zukunft. Ich bin auch depressiv geworden und mir geht es nicht mehr gut. Ich habe niemanden mit dem ich reden kann, denn mein Vater lebt nicht mit mir und ich habe auch keine Mutter. Bald habe ich kein Geld mehr und auch keine Wohnung. Wenn er sich darum gekümmert hätte und Geld angespaart hätte, wäre ich jetz bei ihm. Bald werde ich keine Wohnung mehr haben und mein Vater will mich auch nicht bei sich aufnehmen. Ich fühle mich sehr alleine und verzweifelt.
Was raten sie mir? Soll ich mich von ihm trennen? Wenn ja, wie kann ich mich als Frau von ihm islamisch scheiden?

Antwort:
Liebe Tochter, die Erfahrungen die du gemacht hast, waren kostspielig. Möge Allah dir Geduld und Standhaftigkeit geben. Wenn du mich fragst, musst du folgendermaßen denken:

Du hast nichts getan, das verboten (harâm) wäre. Auch wenn es mit Fehlern behaftet war, hattet ihr beide zuvor die nikâh vollzogen. An deiner Situation gibt es nichts, das als sündhaft (harâm) bezeichnet werden kann. Du darfst dich aufgrund deiner Vergangenheit nicht derart unter Druck setzen.

Zweitens: Suche mit deinem Partner ein offenes Gespräch. Versuche seine Meinung herauszufinden und wie er denkt. Versuche den heimlichen Zustand deiner Ehe aufzuheben, indem ihr dies nochmal offiziell macht. Vielleicht verzichtet ihr auf eine Hochzeitsfeier, aber wenigstens wäre eure Ehe dann jedem bekannt. Damit wäre eine angenehmere und entspanntere Antmosphäre geschaffen. Falls die Ehe dann nicht anhalten sollte, wäre eine Scheidung für dich wesentlich angenehmer und einfacher. Zuerst solltest du das Ziel haben, ein gemeinsames Zuhause zu schaffen. Wenn dein Partner diese Absicht nicht teilt, dann sag ihm, dass er sich scheiden lassen soll. Falls er sich scheidet, wärst du erlöst. Um die Scheidung durchzuführen, wäre bereits ein Satz ausreichend (talâq).