Ramadan

Wie müssen wir den Monat Ramadan wahrnehmen und ausleben?

Frage:
Wie muss der Monat Ramadan wahrgenommen und ausgelebt werden? Welche Dinge sollten wir tun?

Antwort:
Unser erster Schritt – die aufrichtige Reue (Taubatan naṣūḥā):

Wie nötig wir es doch haben, über unsere Sünden und unseren Ausgang nachzudenken. Die Möglichkeit, im Ramadan Reue zu zeigen und tiefgründig nachzudenken, ist einzigartig. Im Ramadan ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, das Paradies zu erlangen. Unsere Sünden entfernen uns von Allāh, dem Erhabenen. Bei der nächsten Gelegenheit sollten wir in Riyāḍ aṣ-ṣāliḥīn („Die Gärten der Tugendhaften“ von Imam an-Nawawī.) die Überlieferungen bezüglich der Reue lesen und den Entschluss fassen, uns Allāh wieder zuzuwenden.

Die aufrichtige Reue
Eine Reue, die mit einer reinen und ernsten Absicht begangen wird, nicht mehr in die Sünde zurückzufallen.

Die erste Aufgabe – Das Erlernen der rechtlichen Bestimmungen in Bezug auf das Fasten (fiqh aṣ-ṣaum):

Wer die Grundlage einer Angelegenheit nicht kennt, kann sie nicht auf die beste Weise anwenden, selbst wenn er dies gerne täte. Unsere Religion ist die Religion des Wissens (ʿilm). Bei uns zählt der Wissenserwerb als ʿibāda. Es ist für jeden Gläubigen eine Pflicht (farḍ ʿayn), die rechtlichen Beurteilungen (fiqh) der auszuübenden Handlungen zu erlernen. Um zu zeigen, dass wir den Monat Ramadan respektieren und das Fasten ernst nehmen, sollten wir damit beginnen, in einem ʿIlm-al-ḥāl-Buch (1) die Bestimmungen über das Fasten nachzulesen.

Um zu bereuen, haben wir nicht genug Zeit, die Laylat al-qadr (Nacht der Bestimmung) abzuwarten. Die Nacht, die uns von unseren Sünden befreit, ist unser Laylat al-qadr. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Verlust, nur über den Wert dieser Nacht zu philosophieren, ohne Taten folgen zu lassen.

Wir sollten uns an die nächtliche ʿibāda (qiyām) gewöhnen:

Die ʿibāda in der Nacht ist eine der Besonderheiten des Ramadan. Zu unseren Aufgaben in diesem Monat sollten das Nachtgebet (qiyām al-layl), die nächtliche Qurʾān-Rezitation und der ḏikr gehören. Wir sollten versuchen, in diesem Monat zu den Muslimen zu gehören, die nachts auf den Beinen stehen können. Insbesondere sollten wir darauf achten, dass unsere nächtlichen ʿibādāt vor den Augen Anderer verborgen bleiben.

Das Gemeinschaftsgebet:

Das verpflichtende Gemeinschaftsgebet ist für Männer eine nicht zu vernachlässigende Sunna. Um vom Segen und der Erleuchtung des Monats Ramadan profitieren zu können, sollten die Männer ihre Gebete gemeinschaftlich in der Moschee verrichten. Wenn die Möglichkeit besteht, sollten wir die Zeit zwischen zwei Gebeten in der Moschee verbringen (zumindest ein paar Mal) und somit eine fast vergessene Sunna wiederbeleben. Beispielsweise könnten wir die Zeit zwischen dem Mittags- und dem Nachmittagsgebet in der Moschee verbringen.

Das Tarāwih-Gebet – eine von uns vernachlässigte Gnade Allāhs:

Das Tarāwih-Gebet gehört zu den wichtigsten freiwilligen ʿibādāt des Ramadans. Ein Tarāwih-Gebet jedoch, welches mit der Würde und dem eigentlichen Sinn des Ramadans nicht übereinstimmt, kann dazu führen, dass wir dafür Rechenschaft ablegen müssen.

Darum sollte unser Ziel nicht sein, das Tarāwih-Gebet schnell zu verrichten. Falls es nicht anders geht und wir eine vertretbare Entschuldigung haben, können wir es kurz halten, aber trotzdem wie die anderen Gebete verrichten.  Unser Ziel sollte es sein, dieses Gebet auf schönste Weise und mit längerer Rezitation zu verrichten. Moscheen, deren Vorbeter die Rezitation des Qurʾān (qirāʾāt) sehr gut beherrschen, sollten bevorzugt werden.

Das Tarāwih-Gebet in der Gemeinschaft zu beten, obwohl die Möglichkeit bestünde, es zu Hause zu verrichten, erhöht die Belohnung um das 27fache.

Sofern die Möglichkeit besteht, sollten wir eine Moschee bevorzugen, in der während der Tarāwih-Gebete im Laufe des Monats der gesamte Qurʾān rezitiert wird. Wir müssen es als eine Art Bedrohung betrachten, wenn das Tarāwih-Gebet in den Moscheen zu einem religiösen Vergnügen übergeht. Auf die gleiche Weise wie der Šayṭān versucht, unsere Heimat mittels Kriegstruppen zu belagern, versucht er, unsere ʿibāda zum Opfer unserer nafs zu machen.

Wir sind nicht befugt, die Demut und die Ruhe des Gebets beim Tarawih-Gebet zu vernachlässigen, …

denn das Tarāwīḥ-Gebet zählt auch als Gebet. Genau wie die anderen Gebete kann dieses Gebet in farḍ (Pflicht) und sunna (Freiwilliges) unterteilt werden. Dieses Gebet ist ernst zu nehmen.

Die Spende (ṣadaqa) – eine schwierige ʿibāda, jedoch einer der am höchsten geschätzten:

Lasst uns spenden, als ob Allāh der Nehmende und wir die Gebenden wären. Im Monat Ramadan misst Allāh jeder unserer guten Taten einen vervielfachten Wert an Lohn zu. Nachdem wir die Versorgung unserer Familie abgedeckt haben, lasst uns – zum Wohlgefallen Allāhs – so gut es geht spenden.

Darum:

  • Falls wir die zakāt im Ramadan entrichten, sollten wir diese zuerst gemäß der islamischen Rechtslehre (fiqh)
  • Anschließend können wir die zakātu-l-fiṭr bestimmen, die wir am Ende des Ramadans entrichten sollten.

Zuvor sollten wir die Reihenfolge der Personen bestimmen, an die wir spenden können. In der Regel ist sie wie folgt: Die nahen Verwandten, Nachbarn, Arbeitskollegen, Glaubensgeschwister. Solange es Allāh ist, der die Spenden annimmt, gibt es keine Spende, die als gering zu betrachten ist. Auf diese Weise sollten wir es verstehen. Haben wir jedoch die Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, dann lassen wir uns das nicht entgehen.

Wenn unsere Spende beispielsweise jemandem gilt, der zur Verwandtschaft gehört und gleichzeitig gottesfürchtig ist, schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.

Wir können auf verschiedenen Wegen spenden. Aktive wohltätige Institutionen materiell, moralisch oder durch tatkräftige Mitarbeit unterstützen, kann ebenfalls als ṣadaqa gelten.

Unser geliebter Prophet – Allāh segne ihn und schenke ihm Frieden – berichtete uns, dass jeder Gläubige den Lohn für eine ṣadaqa erlangen kann. Unter bestimmten Umständen können materielle Dinge, Worte oder Taten als adaqa gelten. Im Ramadan gibt es niemanden, dem die Möglichkeit zu spenden, verwehrt ist. Wer nicht genug Geld besitzt, kann in einer Stiftung oder Moschee körperlichen Einsatz zeigen.

… und das Lesen des Qurʾān :

Allāh, der Erhabene, erwähnt im Qurʾān die Worte ‚Ramadan‘ und ‚Qurʾān‘ zusammen. Im Übrigen hat der Ramadan solch einen hohen Stellenwert, da in ihm der Qurʾān offenbart wurde.

Ibn ʿAbbās – möge Allāh Wohlgefallen an ihm haben – berichtet, dass der Gesandte Allāhs – Allāh segne ihn und schenke ihm Frieden – im Monat Ramadan mehr Qurʾān rezitierte als zu den übrigen Zeiten. Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass wir, je mehr wir den Qurʾān lesen, umso tiefer in den Monat Ramadan eintauchen werden.

Auf welche Weise sollten wir den Qurʾān im Ramadan lesen?

Da die Qurʾān-Rezitation einer der größten freiwilligen (nāfila) ʿibādāt und eine der schönsten ’aḏkār ist, die einen Allāh näher bringen, ist sie eine der schönsten Gunstquellen im Ramadan

(1) Zusammenfassung des fiqh, welches im alltäglichen Leben der Muslime eine Rolle spielt.

 

Nureddin YILDIZ