Freundschaft im Islam

Muss es bei Freund- und Kameradschaften bestimmte Grenzen geben?

Frage:
Muss eine Freund- oder Kameradschaft bestimmte Grenzen kennen?

Antwort:
Unbedingt muss es eine Grenze geben. Eine grenzenlose Freundschaft sowie eine grenzenlose Feindschaft widerspricht in vielerlei Hinsicht unserer Glaubensgrundlage (‘aqîda). Allen voran kann eine grenzenlose Liebe nur für Allah, dem Erhabenen, sein. Die Liebe der Muslime an Ihn kennt keine Grenzen. Wir lieben den Gesandten Allahs – Friede und Segen seien mit ihm – als einen Menschen und Diener Allahs. Diese Liebe ist unvergleichbar. Wenn wir für andere freund- und kameradschaftliche Liebe empfinden, müssen wir auf zwei Dinge achten.

Erstens: Diejenigen die wir lieben, sollten wir um Allahs Wohlgefallen und unter islamischen Maßstäben lieben. Eine derartige Liebe bestätigt nicht nur die Menschlichkeit, sondern gestaltet sich bei Allah als etwas Lohnenswertes. Diejenigen die wir lieben, lieben wir für Allah und wir erwähnen es Ihnen gegenüber.

Zweitens: Wir akzeptieren, dass der Gegenüber nicht unschuldig ist, Fehler begehen kann und uns kränken kann. Unsere Erwartungen an diese Person sind nicht die Gleichen wie an die Engel. Das bedeutet aber nicht, dass wir diese Person ständig mit verdächtigen Blicken beobachten sollen. Es gilt, die Mitte zu finden und in der Verbundenheit nicht zu übertreiben. Die Grenzen der Freundschaft gut zu kennen, wird für uns von Vorteil sein. Eine Freundschaft auf geschäftlicher oder beruflicher Basis kann durch islamisches Bewusstsein gestärkt werden. Eine Zusammenkunft bei der Pilgerfahrt (haddsch) kann nach der Rückkehr ein weiterhin positives Bild ergeben. Ebenso kann eine Freundschaft auf Reisen zu Gutem führen. Was auch immer der Grund einer Freundschaft sein mag, so dürfen wir in folgenden Situationen nicht in Unachtsamkeit geraten:

  1. Durch Freundschaften können Verwandtschaften und Familien entstehen. Trotzdessen dürfen bei einer derartigen Verbindung Nachforschungen und Recherchen nicht vernachlässigt werden. Dies sollte man verstanden haben. Menschen teilen sich zwar mit ihren Freunden bestimmte Bereiche ihres Lebens. Es besteht aber ein großer Unterschied, ob man sich nur einen bestimmten Lebensbereich oder das gesamte Leben teilt.
  2. Die gleiche Situation gilt für geschäftliche/berufliche Partnerschaften. Trotz Freundschaft muss das Geschäft/der Handel nach bestimmten Regeln ablaufen.
  3. Bei Verkaufsgeschäften oder Angelegenheiten in Sachen Schulden, ist es ein absoluter Fehler die Freundschaft und Kameradschaft als einzigen Beleg zu nehmen. Trotz Freundschaft, darf der Nachweis über Belege, im Sinne von nachweisbaren Dokumenten, nicht fehlen.
  4. Freundschaften und Kameradschaften sollten nicht dazu führen, sämtliche Geheimnisse unter sich auszutauschen. Vor allem auf Dingen, welche die häusliche und familiäre Privatsphäre betreffen, sollte nicht beharrt werden.
  5. Zu erwarten, dass andere Familienmitglieder die eigenen Freundschaftsbanden auf die gleiche Weise wahrnehmen, kann zu unerwünschten Ergebnissen führen. Damit das Temperament und die Veranlagung, z. B. bei Eheleuten, sich harmonisch anpassen kann, können Gemeinsamkeiten auf physischer und sozialer Ebene nicht immer ausreichend sein. So wie es nötig ist, körperliches Gefallen aneinander zu finden, so ist es auch Voraussetzung, dass die Herzen einander gefallen.
  6. Für diejenigen die nicht verzeihen können, ergibt es keinen Sinn Freunde zu werden, denn die Freund- und Kameradschaft ist eine Bande, durch die der Schaytân ständig fitna stiften kann. Einer der schönsten Eigenschaften zwischen Freunden ist es, sich gegenseitig zu vergeben. Falls eine Entschuldigung nicht akzeptiert wird, kann der Status der Freundschaft aufgehoben werden, ohne dabei in die Feindschaft überzugehen.