Wissen

Wie sollte unsere Sicht auf Abschlusszertifikate, Diplome, Zeugnisse und Wissen im Allgemeinen sein?

Frage:
Sie haben in ihren Vorträgen die Erlangung von Abschlussdiplomen bzw. Abschlusszertifikaten kritisiert und nannten diese „ein Stück DIN A4 Papier“. Sollen wir als Muslime keine Abschlüsse erwerben? Warum sind Sie gegen das Erlangen von Abschlüssen?

Antwort:
Eine grundlegende ablehnende Haltung besteht nicht gegen die Erlangung eines Abschlusses, sondern der Erlangung eines Abschlusses, ohne es verdient zu haben oder dem gerecht zu werden. Welchen Wert hat sonst eine auf Papier gedruckte Bestätigung, außer, dass man sich Wissen (‘ilm) angeeignet hat? Sollten die Menschen die Erlangung von Wissen zum Ziel haben oder die Erlangung von Zertifikaten und Abschlüssen, die das Wissen beglaubigen? Natürlich wird gesagt, als Antwort auf eine solche Frage, dass beides vorhanden sein sollte. Nun sind wir jedoch an einen Punkt angelangt, in der das Wissen selbst dem Abschlussdiplom untergeordnet ist. Daher müssen wir diesbezüglich Kritik äußern, damit die Wahrheit erkannt und sich etwas ändern kann. Auf die gleiche Weise, wie es absurd ist ein Muslim zu sein, der einen Gebetsteppich besitzt, aber nicht betet, auf die gleiche Weise müssen wir auch verhindern, dass wir Diplome und Abschlüsse besitzen, aber das Erlernte nicht in die Tat umsetzen. Wenn wir uns nicht als Ziel setzen, das Wissen an sich zu erlangen und wertzuschätzen, vor allem im Bereich des islamischen Wissens, werden wir mit bestimmten Problemen konfrontiert werden. Einige dieser Probleme können wir wie folgt zusammenfassen:

  1. Durch die Einführung von Formalitäten wie Zertifikate, Diplome etc., hat die Umsetzung des Wissens in das Leben an Wert verloren. Die Kluft zwischen Theorie und Praxis ist größer geworden.
  2. Unter den Schülern/Studenten des Wissens haben sich Selbstverliebtheit, Arroganz und Hochmut verbreitet.
  3. Die Wahrheit (haqq) wurde verschwiegen, stattdessen unternahm man Versuche, die Wahrheit zu verformen und zurechtzubiegen.
  4. Es wurde sich auf die weltlichen Güter und Reichtümer gestürzt. Der gegenseitige Neid unter den Menschen hat zugenommen.
  5. Diskussionen und Gruppierungen haben sich vermehrt.
  6. Die Bigotterie gegenüber Menschen hat sich vermehrt. Bigotterie meint, ein intolerantes, gehässiges und scheinbar ganz der Religion oder einer religiösen Autorität (Person oder Instanz) gewidmetes Wesen oder Verhalten.
  7. Die Unwissenheit der Menschen hat sich vermehrt. Trotz der Unwissenheit ist es zur Normalität geworden, als wissend aufzutreten.

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