Das Verhalten gegenüber der Ehefrau, die nicht betet

Frage:
Vor sechs Jahren habe ich meine jetzige Frau geheiratet. Sie besuchte, wie ich, ein islamisches Gymnasium und stammt aus der gleichen Stadt. Wir haben einen fünf Jahre alten Sohn und eine zwei Jahre alte Tochter – Allah sei Lob. Meine Frau ist jemand, die ständig mit der Hausarbeit beschäftigt ist, ihre Rolle als Ehefrau mir gegenüber nicht erfüllt, sich nicht pflegt und bei jeglicher Kritik sofort aus der Haut fährt und heftig gegenreagiert. Im Oktober 2013 haben wir die kleine Pilgerfahrt (‘Umra) vollzogen. Ihre Vortragsreihe über die rechtschaffenen Frauen habe ich meiner Mutter, meiner Schwester und meiner Frau weitergeleitet. Nach der Pilgerfahrt und der Vortragsreihe hatte ich trotzdem keine großen Erwartungen. Ich wollte nur, dass sie sich ihrer Rolle bewusst wird. Unsere sechsjährige Ehe war geprägt von Streitereien. Unser Beischlaf ist sehr selten geworden.
Ich habe die Situation vor drei Monaten auch ihrem Vater geschildert. Er hat es bestätigt und seine Tochter ermahnt. Was kann ich unternehmen? Wir möchten – mit Allahs Erlaubnis – eine Generation erziehen, die der muslimischen Weltgemeinschaft (Ummah) ihre Dienste erweist. Zumindest möchten wir in dem Bestreben dazu sein. Ich habe zwei Kinder und möchte noch mehr Kinder bekommen. Die Situation meiner Frau bringt mich jedoch zum Nachdenken. Ist es ein Spiel des Schaytân oder ist die Ursache allen Übels meine eigene Triebseele (Nafs)? Ich möchte, dass sich meine Nachkommenschaft mehrt und meine muslimische Familie größer wird. In einem Ihrer Vorträge sagten Sie, dass Allahs Wohlgefallen auf jener Familie liegt, deren Mitglieder sanftmütig miteinander umgehen. Sie erwähnten dabei eine Überlieferung (Hadîth). Ich empfinde viel Trauer und möchte, dass wir eine Familienatmosphäre schaffen, die Allahs Zufriedenheit erlangt. Ich bin mir auch bewusst, dass meine Bemühungen nicht umsonst sind. Meine Tochter sagte letztens, dass wir keine vorbildlich Familie seien. Das hat mich sehr traurig gemacht. Meine Frau ist ebenfalls traurig, weil wir nicht glücklich sind. Nach der Pilgerfahrt betete sie einen Monat lang regelmäßig, aber jetzt hat sie das Gebet wieder verlassen. Wenn die fünf täglichen Gebete die Säule der Religion darstellen, wie soll dann meine Frau ohne diese Stütze auf den Beinen stehen? Dass ich mir vorstelle, eine andere Frau zu finden, die mich glücklicher machen könnte, kann ich nicht abstreiten.

Wir lieben Sie um Allahs Willen. Jede Woche warten wir gespannt auf Ihre neuen Vorträge.

Antwort:
Werde dir einer Tatsache bewusst und vergesse Sie nie: Dies ist wahrlich die Ehe. Eine Ehe, die diese Strapazen nicht durchleidet, ist so gut wie nicht vorhanden. Es unterscheiden sich nur die Typen von Sorgen, aber die mit der Ehe verbundenen Strapazen sind immer vorhanden. So ist die Ehe nun mal. Bleibe realistisch und bleibe an diesen Sorgen und Strapazen nicht hängen.

1) Mische dich in den Gottesdienst (‘ibâda) und die rituelle Welt deiner Frau nur in dem Maße ein, dass du ihr Ratschläge gibst. Rechne nicht mit ihren verpassten Gebeten (salâh) ab. Überlasse die Abrechnung Allah. Setze dies nicht in Beziehung zu ihrer Weiblichkeit und Frauenrolle. Du hast bereits genügend Sorgen. Bürde dir nicht noch eine zusätzliche Last auf.

2) Es scheint, dass deine Ehefrau um die 25 Jahre alt ist. Diese Alterspanne stellt für eine Frau den Beginn einer neuen Phase dar. In dieser Phase wird Sie weiter heranreifen. Du musst unter allen Umständen standhaft und geduldig bleiben. Deine Situation verschafft dir sicherlich kein Vertrauen, mehr Kinder zu bekommen, aber die Zeit ist nicht abgelaufen.

3) Deine wichtigste Erwartung an deine Ehefrau sollte es sein, dass sie dich in intimer Hinsicht gänzlich befriedigt. Wenn sie sich zusätzlich um deine Kinder kümmert, so siehe dies als eine Gabe (ni’ma) an. Wenn sie diese zwei Dinge erfüllt, dann muss dir bewusst sein, dass du eine gute Ehefrau hast.

4) Es wäre nicht gelogen, wenn ich sagen würde, dass es niemanden gibt, der nicht mit seinem Ehepartner streitet, beim Vater sich nicht über den anderen beschwert oder die Familienprobleme von Grund auf behoben werden. Am Ende haben immer die barmherzigen und sanftmütigen gewonnen. Sehe zu, dass du deine Ehefrau mit deiner Geduld und deiner Barmherzigkeit zum verzweifeln bringst. Ich habe bewusst das Wort „verzweifeln“ verwendet. Bringe sie zum verzweifeln mit deiner Barmherzigkeit und deiner Geduldsspanne. Dann wirst du als Gewinner hervorgehen. Wenn du dabei deine Bittgebete (du’â) nicht vergisst, dann befindest du dich wahrlich in Gunst.

5) Lasse es auf keinen Fall zu, dass eure Reibereien sich auf eure Kinder übertragen. Es gibt doch eine alte Sage, dass jemand aus dem Mund blutet und daraufhin sagt: „Ich habe Kirschsaft getrunken.“ Die Kinder sollten darüber nichts mitbekommen. Ein Problem, dass sich auf die Kinder ausbreitet, setzt sich fest und kann nicht mehr gelöst werden.
Nach zwei Monaten kannst du mir das Ergebnis dieser Ratschläge mitteilen. Falls bei deiner Ehefrau gar keine Besserung eingetreten sein sollte, kann ich euch beide persönlich zu mir einladen.
Ich spreche Bittgebete (Du’â) für euch.