Frage:
Mein Mann und ich waren geschieden. Vor der Scheidung hat ein Freund meines Mannes versucht uns zu helfen. Wir waren bei einer islamischen Eheberatung, die mein Mann nach dem ersten Mal abgebrochen hat. Ich habe Rat bei dem Bruder gesucht, der uns islamischen verheiratet hat.
Nach ca. 2 Monaten nach der Scheidung haben wir uns unter vereinbarten Bedingungen versöhnt: Eine Bedingung war, dass der Bruder, der zwischen uns vermittelt hat, weiterhin bei Problemen vermitteln soll und dass wir eine islamische Eheberatung machen, wenn auch das erste nicht hilft.
Nun hat mein Mann nach paar Wochen seine Meinung geändert:
Er möchte mit niemanden reden. Ich spreche sehr oft mit ihm und versuche die Probleme zu lösen: aber es endet immer in einem großen Streit. Er möchte von außen keine Hilfe annehmen und hält sein Wort nicht: Unsere Ehe scheitert daran, dass ich nicht mehrmals, sondern „nur“ einmal die Woche seine Mutter besuchen möchte. Er sagt, dass dies respektlos sei und dass er mich geheiratet hätte, damit ich mit um seine Mutter kümmere (sie ist Anfang 50, ist gesund und hat 2 ältere Kinder zu Hause). Dies war so nicht vereinbart.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, was ich tun soll. Wir leben so, als wären wir getrennt. Jeder lebt sein Leben und er meint, dass wir das so weiter machen, bis die Kinder ausgezogen sind. Die Kinder sind unter 6 Jahre alt.
Antwort:
Zuerst möge Allah Ihnen Stärke, Weitsicht und Standhaftigkeit schenken. Die von Ihnen beschriebene Situation ist ein Beispiel für Isolation und Undankbarkeit, die den Kern der Ehe verletzt. Man spürt, wie belastend diese Phase für Sie ist – möge Allah Ihnen beistehen.
Versöhnungsvereinbarungen sind so wertvoll wie der Ehevertrag selbst. Zu Ihrem Mann könnten Sie sagen:
„Wir haben diese Ehe ein zweites Mal mit bestimmten Versprechen und Vertrauen neu gegründet. Diese Worte sind nicht nur mir, sondern auch Allah gegenüber gegeben. Wenn wir diese Ehe erhalten wollen, müssen wir zu diesen Versprechen stehen.“
Dies ist kein Vorwurf, sondern eine Erinnerung und Aufforderung zur Verantwortung.
Der Dienst an der Schwiegermutter ist eine edle Tat, aber nicht der Zweck der Ehe. Hier könnten Sie betonen:
„Ich möchte das Wohlwollen deiner Mutter respektieren. Doch wenn du mich in eine Rolle zwingst, die ich nicht will, ist das keine Liebe, sondern Druck. Eine kleine Hilfe, die von Herzen kommt, ist wertvoller als erzwungene Pflicht.“
Falls Ihr Mann die Bedingung zurücknimmt, können Sie im Gespräch klarstellen:
„Damit diese Ehe gesund bleibt, müssen wir beide unser Versprechen – die Beratung – einhalten. Sonst ist das keine Ehe, sondern ein schweigendes Nebeneinander. Ich will meinen Ehepartner nicht verlieren. Aber ich kann mich selbst dabei auch nicht verlieren.“
So wahren Sie sowohl Ihre Würde als auch die Verbundenheit.
Kinder leiden, wenn man sagt: „Lasst es uns so weiterlaufen.“ Ein Kind, das in Schweigen aufwächst, wird später entweder ein unterdrückter oder ein unterdrückender Mensch. Bringen Sie Ihrem Mann nahe:
„Kinder lernen am meisten, wenn sie sehen, wie Eltern einander respektieren und Konflikte durch Worte lösen. Streit oder Schweigen dürfen kein Erbe für sie sein.“
Sie suchen keine Scheidung, sondern Lösungen – das ist kostbar. Gehen Sie Schritt für Schritt vor:
- Sanfte Erinnerung im Gespräch,
- Unterstützung durch Familienälteste oder Gelehrte,
- Gemeinsame Beratung (besonders mit islamischen Eheberatern).
Falls Ihr Mann sich weigert, muss die Frage lauten: „Lassen wir die Ehe nicht enden – aber was leben wir dann?“
Zum Schluss: Gebete sind Ihr stärkster Rückhalt. Bitten Sie in der Nacht (Tahajjud), in der Niederwerfung, im Ramadan oder bei Arafat:
„O Allah, Du bist es, der Herzen einander näherbringt. Wende unsere Herzen zueinander. Schenke uns Güte, Weisheit und Liebe. Gib uns Geduld und Erleichterung. Bewahre meine Familie vor dem Zerfall.“
Möge Allah Ihren Weg ebnen. Wenn Sie mit Geduld und Weisheit handeln, wird Er sicherlich eine Tür zum Guten öffnen.
Ähnliche fatâwâ findest du hier: „Wer hat nach einer Scheidung aus islamischer Sicht das Anrecht auf die Kinder?“
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